Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Benita Heukamp
Datum:
Dauer: 04:08 Minuten bisher gehört: 149
„Hinsehen - Helfen - Handeln“. Unter diesem Motto wurde dieses Jahr zum zweiten Mal der Zivilcouragepreis im Landkreis Northeim verliehen. Sich in schwierigen Situationen richtig zu verhalten ist aber nicht immer einfach, gerade in potentiellen Gefahrensituationen. Benita Heukamp hat sich für Sie damit auseinandergesetzt, wo Zivilcourage anfängt und wie sie geleistet werden kann.

Manuskript

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In der Öffentlichkeit Mut zeigen, für demokratische und humane Werte eintreten, sich für seine Mitmenschen einsetzten, auch, wenn es für einen selber unbequem werden könnte - das ist die Bedeutung von Zivilcourage. Dabei kann es immer und überall zu Situationen kommen, in denen jemand in Bedrängnis gerät und couragiertes Handeln gefordert ist. Besonders, wenn die Lage für Helfer*innen potentiell gefährlich werden könnte, ist die Hemmschwelle zum Eingreifen in eine problematische Situation jedoch sehr hoch. Wie Zivilcourage geleistet werden kann, ohne in einen direkten Kontakt mit den Täter*innen zu treten und sich möglicherweise selbst zu gefährden, weiß Thomas Sindram, Polizeihauptkommissar aus dem Präventionsteam der Polizei Northeim:

O-Ton 1, Thomas Sindram, 30 Sekunden
„Also ich muss überlegt handeln, und dann zu sagen: okay, kann ich das alleine bewerkstelligen oder hole ich Hilfe über 110? Also alleine schon das ist ja ein couragiertes Handeln, wenn ich zum Hörer greife und nicht einfach nur zugucke. Andere um Mithilfe bitten: der eine kümmert sich um das Opfer, der Nächste kümmert sich darum, sich Tätermerkmale einzuprägen, oder auch als Zeuge zur Verfügung zu stehen für uns. Das hilft dem Opfer, und das ist für uns natürlich im Rahmen von Ermittlungsverfahren von großer Bedeutung.“

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Mitmenschen werden am besten zur Unterstützung aufgefordert, indem sie explizit angesprochen werden. Bei einer direkten Kommunikation mit den Täter*innen sollten diese immer gesiezt werden. Dadurch wird eine Distanz aufgebaut, die sie aus dem Konzept bringen kann. Nicht wegsehen, weghören oder gar weggehen ist der Grundsatz von couragiertem Handeln – trotzdem ist das oberste Gebot, sich nicht auch selbst zu gefährden. Die Sorge vor einer eigenen Gefährdung ist es auch, die laut Thomas Sindram oftmals dazu führt, dass Menschen anderen nicht zur Seite stehen, wenn diese sich in einer bedrohlichen Situation befinden:

O-Ton 2, Thomas Sindram, 35 Sekunden
„Ich denke mal in erster Linie wird‘s immer das Problem sein, oder die Sorge sein: wenn ich da jetzt einschreite, nachher passiert mir was oder, ja, oh, dann muss ich nachher noch was bei der Polizei aussagen oder vielleicht muss ich noch mit Repressalien rechnen, weil der Täter jetzt meinen Namen kennt. Und manchmal ist es einfach auch die Bequemlichkeit, das ist ja viel schöner mal irgendwo zuzugucken, wenn ich sehe, oh da passiert was. Aber ich will lieber nicht einschreiten, das können ja andere machen. Also man versucht oftmals, diese Botschaft oder diese Hilfeleistung auf Andere auch abzuwälzen und sich damit aus dieser Affäre zu ziehen.“

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Deshalb hat es sich der gemeinnützige Verein „Weisse Ring“ zur Aufgabe gemacht, in der Gesellschaft ein größeres Bewusstsein für Zivilcourage zu schaffen. Auf seiner Website stehen beispielsweise Unterrichtsmaterialien für Schulklassen zur Verfügung, ebenso Verhaltensregeln und -ratschläge,wie sich jede und jeder im Alltag couragiert verhalten und für andere einsetzen kann. Zivilcourage ist auch bei uns in Südniedersachsen ein Thema: Im Jahr 2018 wurde im Landkreis Northeim beispielsweise der Zivilcouragepreis ins Leben gerufen. Grundlage war die Goslarer Zivilcourage-Kampagne mit einer Plakatausstellung in der Kreissparkasse Northeim. Dagmar Prelle-Traupe, die Leiterin der Außenstelle vom Verein „Weisser Ring Northeim“, ist mitverantwortlich für die Preisverleihung:

O-Ton 3, Dagmar Prelle-Traupe, 27 Sekunden
„Diese Plakatausstellung konnten wir dann auch sechs Wochen in der KSN stehen haben und das war eigentlich so der Auslöser, dass wir dann sagten, dass es halt ganz schön wäre, dass hier im Landkreis Northeim so ‘ne Zivilcouragepreisverleihung auch stattfinden könnte. In der Öffentlichkeit kommt das natürlich auch sehr gut an und auch einfach dieses Bewusstsein erst mal zu schaffen: Ui, wir haben ja auch hier im Landkreis Northeim Leute, die Zivilcourage zeigen.“

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Mit dem aktuellen Zivilcouragepreis wurden drei Helfer*innen aus dem Landkreis Northeim geehrt. Einer der Preisträger verfolgte etwa einen Einbrecher aus der Nachbarswohnung und hielt währenddessen Kontakt zur Polizei. So konnte der Einbrecher noch vor der Autobahnauffahrt gestellt werden. Die anderen beiden Preisträger*innen konnten durch ihren beherzten Einsatz je eine Person vor schlimmeren körperlichen Verletzungen durch je einen aggressiven Täter bewahren. Prelle-Traupe vom Zivilcouragepreis Northeim erklärt, dass mit der Preisverleihung deutlich gemacht werden soll, dass ohne den couragierten Einsatz von Helfer*innen manche Situationen ganz anders ausgegangen wären.