Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Leona Passgang
Datum:
Dauer: 03:52 Minuten bisher gehört: 337
Die meisten können sich bestimmt noch gut an ihre eigene Schulzeit erinnern und auch an Schultage an denen man einfach keine Lust hatte, zum Unterricht zu gehen. Beim häufigen vermeiden von Schule sprechen Experten vom sogenannten Schulabsentismus. Der kann zu einem echten Problem werden. Die Bildungsregion Südniedersachsen möchte deswegen gemeinsam mit der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) über Schulabsentismus und seine verschiedenen Formen informieren und bei Lehrkräften, Ämtern und Sozialarbeitern für ein größeres Bewusstsein für die Komplexität der Schulverweigerung sorgen. Leona Passgang war bei der Tagung „Du fehlst! Schulabsentismus – ein Thema mit vielen Facetten und Akteuren“ am vergangenen Donnerstag dabei.

Hermann Veith Professor für Erziehungswissenschaften Universität Göttingen stellt Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe vor (Bild: Leona Passgang)

Manuskript

Text
Schulabsentismus. Für den Laien hört sich das nach Schulschwänzen an, dabei ist es ein Symptom, das sehr viel weitreichender ist und ein echtes Risiko für das spätere Erwachsenenleben darstellen kann. Auch für Schulen kann es schwierig sein Schulabsentismus frühzeitig zu erkennen, erklärt Hermann Veith, Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Göttingen und am Tagungstag Leiter der Arbeitsgruppe „Zusammenarbeit und Kommunikation innerhalb der Schule“.
 

O-Ton 1, Hermann Veith, 30 Sekunden
Viele Schulen behelfen sich damit, dass sie Verfahren einrichten, die es ihnen ermöglichen relativ genau Buch zu führen, wann er da ist. Häufig beginnt es damit, dass man in Randzeiten oder in den vermeintlich nicht so wichtigen Fächern nicht mehr kommt und dann kommt das eigentlich nicht auf den Schirm der Schule und damit hat man in der Tat ein großes Problem. Schulen die, als Teamschulen aufgestellt sind haben da einen klaren Vorteil. Die haben die Schüler sehr viel stärker auf dem Schirm, als Schulen, die herkömmlich aufgestellt sind.“

 

Text
Teamschulen sind Schulen in denen das Kollegium immer wieder in kleinen Gruppen zusammen kommt und sich außerhalb von großen Lehrerkonferenzen austauscht. Die Kommunikation und Transparenz zwischen den Lehrkräften, aber auch mit den Verwaltungsbehörden wie Jugend- oder Ordnungsamt müsse besser werden, da sind sich die Tagungsteilnehmer einig. Sie wünschen sich beispielsweise ein elektronisches System, auf das Schulen und Ämter zugreifen können. Dort soll sowohl das entschuldigte als auch das unentschuldigte Fehlen von Schülern eingetragen werden. Das „Ärztehopping“, könnte so schneller erkannt werden, sagt Henrik Uebel-von Sandersleben, Leitender Oberarzt der Klinik für Kinder-und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der UMG. Die Gründe für Schulabsentismus können weitreichend sein, sagt Uebel-von Sandersleben.

 

O-Ton 2, Henrik Uebel-von Sandersleben, 20 Sekunden
„Es kann sein, wie es halt häufig falsch angenommen wird, dass es ein Schulschwänzen ist, das ist in den seltensten Fällen der Fall. Meistens sind es Kinder, die eine deutlich ausgeprägte Angststörung haben, eine Depression, oder irgendwelche anderen emotionalen oder affektiven Probleme, sodass das Fernbleiben von der Schule nur ein Symptom oder eine Funktionsbeeinträchtigung ist von vielen anderen.“

 

Text
Ein Alter oder eine soziale Gruppe die auffällig oft mit Schulabsentismus zu kämpfen hat, gibt es keine. Oft werde allerdings in den Gesprächen mit Eltern und Betroffenen schnell deutlich, dass die Schulverweigerung oder -müdigkeit schon in der Grundschule erstmals auftaucht, so Uebel-von Sandersleben. Besonders kompliziert werde es, wenn Eltern das Fehlen ihrer Kinder entschuldigen und somit decken. Oder die Schüler immer wieder die Hausärzte wechseln, um Krankschreibungen zu bekommen. Es sei nicht nur in der Verantwortung von Sozialarbeitern, den Schülern zu helfen. Alle Betroffenen und Beteiligten müssten an einem gemeinsamen Strang ziehen, so Uebel-von Sandersleben und wieder ist die Kommunikation das Stichwort. Eltern können bei Beratungsstellen Hilfe suchen, wo genau weiß Uebel-von Sandersleben.

 

O-Ton 3, Henrik Uebel-von Sandersleben, 18 Sekunden
„Eltern haben die Möglichkeit sich zum Beispiel hier an die Erziehungsberatungsstelle zu wenden, um erst mal auf einem niedrigen Level zu bleiben, wenn die Erziehungsberatungsstelle selber nicht weiter kommt, gibt es halt Möglichkeiten sich an niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater, oder aber auch sich an unsere Institutsambulanz der Universitätsmedizin hier in Göttingen zu wenden.“

 

Text
Die Bildungsregion Südniedersachsen will nun gemeinsam mit dem Landkreis Göttingen und der Göttinger Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Arbeitsgruppen mit Experten aus der Region bilden, um aus den Wünschen, Vorschlägen und Ideen der Tagungsteilnehmer einzelne Handlungskonzepte für Schulen und Behörden zu erarbeiten. Die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten soll ebenfalls verstärkt werden.