Waageplatz Göttingen: Erste Schritte in Richtung Umgestaltung
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Marco Mellinger |
Datum: | |
Dauer: | 04:33 Minuten bisher gehört: 549 |
Manuskript
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Am 12. Januar hat die Stadt Göttingen nun offiziell den Wettbewerb um die Neugestaltung des Waageplatzes ausgelobt. Konkret bedeutet das: Nun können sich europaweit Architekturbüros für den Auftrag bewerben, dann wählt die Stadt die zehn besten Bewerber aus und diese legen dann einen Bebauungsplan vor. Daraus wird dann wiederum eine, bislang noch weitestgehend unbekannte Jury, im September dieses Jahres einen Vorschlag auswählen. Aber zumindest die beratenden Mitglieder der Jury wurden an diesem Abend schon gewählt. Und zwar konnten sich Bürger*innen hier frei zur Wahl stellen, die dann, zum Beispiel als Anwohner*in beratend am Planungsprozess teilnehmen. Gewählt wurden in diesen Beirat: Cyrille Franke, Jana Bühring und stellvertretend Fabian Dietz. Über die wichtigsten Themen der Neugestaltung fasst Frithjof Look, Baudezernent der Stadt Göttingen, zusammen:
O-Ton 1, Fritjhof Look, 34 Sekunden
„Bei dem Bau sind die ganz wichtigen Themen Multifunktionalität, Nachhaltigkeit, das heißt auch Resilienz schaffen und einen Platz schaffen, der möglichst vielen Nutzer*innenansprüchen gerecht wird. Aber auch gleichzeitig eine hohe gestalterische baukulturelle Wirkung hat. Und wir haben auch darüber gesprochen, wie funktioniert Verkehrsbeziehung, also Rad- und Fußgängerverkehrsbeziehung über diesen Platz, wie gehen wir mit Bäumen um? Also es ist ein großer Blumenstrauß an Aufgaben, die die Architekt*innen jetzt zu lösen haben.“
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Zu der Frage, was auf dem Platz genau passieren soll, wurde die Bevölkerung befragt. Die konnte durch verschiedene Projekte und Veranstaltungen ihre Wünsche äußern. Jana Bühring wohnt im Quartier. Sie ist Bürgervertreterin des Sanierungsbeirates, wurde an diesem Abend zur Verfahrensbegleiterin gewählt und kann so, wenn auch nur beratenden, Einfluss auf die Neugestaltung des Waageplatzes nehmen. Ihr liegen dabei mehrere Themen besonders am Herzen:
O-Ton 2, Jana Bühring, 47 Sekunden
„Für mich ist Klimaschutz sehr wichtig, und eigentlich alles, was von den Bürgern in der Vergangenheit schon gekommen ist. Also zum Beispiel Schatten im Sommer, weil durch die zunehmenden Einflüsse der Klimakatastrophe es halt immer heißer wird und Menschen auch immer mehr Zeit draußen verbringen. Dann halt Spielmöglichkeiten für Kinder und auch eine ästhetische Gestaltung des Platzes, dass man da einfach gerne ist. Aber auf einer Art und Weise, dass der Platz nicht gentrifiziert wird, sondern dass halt die Menschen, die da schon jetzt sind, da auch bleiben können. Aber das auch alle anderen Lust haben, da zu bleiben.“
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Auch ein neuer Brunnen und eventuell sogar Urban Gardening könnten auf dem Platz entstehen. Zur Verfügung steht ein Budget von insgesamt 1,2 Millionen Euro, von denen zwei Drittel aus Fördergeldern und ein Drittel von der Stadt stammen. Ein wichtiges Anliegen für viele Bürger*innen vor Ort waren fehlende öffentliche Toiletten. Diese seien nicht nur für Familien mit Kindern notwendig, sondern auch für große Feste und die sogenannte „Trinkerkultur“, die sich auf dem Platz etabliert hat. Diesem Wunsch wird die Stadt vermutlich nicht nachkommen, zumindest nicht auf dem Platz selbst. Baudezernent Look verwies darauf, dass hierzu über andere Standorte im Umfeld beraten wird. Der Fraktionsvorsitzende der WählerInnengemeinschaft Göttinger Linke im Stadtrat, Jost Leßmann, sieht das kritisch. Leßmann ist auch Mitglied im Bauausschuss und stellvertretender Vorsitzender des Sanierungsbeirates "Nördliche Innenstadt". Über die aktuelle Diskussion zu den öffentlichen Toiletten sagt er:
O-Ton 3 Jost Leßmann, 32 Sekunden
„Wir haben bei der Einrichtung des Sanierungsbeirates schon mal eine erste Runde gehabt und da kamen von allen möglichen Seiten, sowohl von Institutionen, aber auch von Bürgerinnen und Bürgern das dringende Anliegen, eine kostenfreie Toilette auf dem Waageplatz zu installieren. Nun wurde gerade bekannt gegeben, dass dieses nicht vorgesehen ist. Das finde ich nicht richtig. Ich finde, so ein Wettbewerb muss ergebnisoffen sein und ich fordere die Stadt Göttingen auf, in das Wettbewerbsverfahren die Toilettenfrage mit aufzunehmen.“
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Weiter führt er aus, dass er in dieser Diskussion das übliche Spiel der Gentrifizierung sehe, da durch solche Maßnahmen, laut Leßmann, bestimmte Menschen aus der Innenstadt ausgegrenzt werden sollen. Die Stadt hat bei der Umgestaltung des Waageplatzes auf Bürger*innenbeteiligung gesetzt und sich die Vorschläge nur teilweise zu Herzen genommen. Die, von der Bevölkerung so dringend erwünschten öffentlichen Toiletten, haben auf dem Waageplatz keinen Raum, ob aus ästhetischen Gründen, oder, um Moderatorin Lena Gruber wörtlich zu zitieren: „Wir wollen es den Trinkern nicht zu bequem machen“. Nun muss sich die Stadt der Kritik stellen und beweisen, dass der Bereich um den Waageplatz für alle Menschen sozial umgebaut wird, und nicht nur gentrifiziert wird.
Zur Verfügung gestellt vom StadtRadio Göttingen
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