Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Morten Reimers
Datum:
Dauer: 03:45 Minuten bisher gehört: 191
Am vergangenen Samstag, dem 01. April, gab es in Göttingen statt Aprilscherzen Demonstrationen. Zwei Bewegungen, die sich als Friedensbewegung deklarieren, buhlten an diesem Wochenende um die Aufmerksamkeit der Göttinger und Göttingerinnen. Morten Reimers war vor Ort und hat mit Verantwortlichen auf beiden Seiten gesprochen.

Manuskript

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Samstag Mittag, Göttinger Bahnhofsplatz, kurz vor 12. Es regnet. Trotz des schlechten Wetters haben sich viele Menschen auf dem Göttinger Bahnhofsplatz versammelt. Sie sind in zwei Gruppen aufgeteilt. Zwischen den zwei Demonstrationsgruppen hat die Polizei Stellung bezogen, auch Pferdestaffeln stehen bereit. Beide Gruppen sprechen sich für Frieden aus, scheinen also das gleiche zu wollen und doch werden sie von der Polizei getrennt. Ein auf den ersten Blick skurril erscheinender Zustand. Zuerst gehe ich zur kleineren der beiden Demonstrationsgruppen und recht schnell werden die Unterschiede deutlicher. T-Shirt mit Deutschlandflaggen straff gespannt über den Bierbäuchen. Wehende Russlandflaggen. Und ein weiteres Zeichen: Sie planen einen Spaziergang, eine Formulierung die wohl allen Menschen, die von Verschwörungstheorien abgeneigt sind, seit den Protesten gegen die Coronamaßnahmen bitter aufstößt. Einer der Organisatoren dieses "Spaziergangs" hat sich gegenüber dem StadtRadio geäußert und formulierte seine Wünsche für die heutige Demonstration folgendermaßen:

 

O-Ton 1, Marcel Koppmann, 21 Sekunden

 

"Das halt beide Seiten friedlich und gewaltfrei bleiben. Das sich die deutsche Politik wieder etwas bürgernäher gestaltet. Das wir auch allgemein was die Geopolitik anbelangt, sich aus der Politik der NATO davon etwas emanzipiert sozusagen und was auch dem Frieden mit Russland zuträglicher wäre."

 

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Auf der anderen Seite des Bahnhofsplatzes haben sich die Anhänger*innen des Bündnis gegen Rechts versammelt. Thomas Goes von der Partei Die Linke spricht hier und findet im Anschluss gegenüber dem StadtRadio deutliche Worte gegen den geplanten Spaziergang:

 

O-Ton 2, Thomas Goes, 36 Sekunden

 

"Erst einmal demonstriere ich heute nicht gegen Frieden sondern gegen Querdenker und Verschwörungsideologien. Sie wissen ja vielleicht, dass wir als Partei uns sehr stark machen für eine diplomatische Lösung des Konfliktes in der Ukraine, natürlich unter der Bedingung, dass die Sicherheitsinteressen der ukrainischen Bevölkerung gesichert und gewahrt bleiben. Deshalb demonstriere ich nicht dagegen, sondern eben dagegen, dass es von Rechten bzw. Querdenkern, die ja nach rechts offen sind, vereinnahmt wird. Und ich glaube persönlich, dass man der Sache des Friedens keinen größeren Bärendienst leisten kann, als sich mit diesen Leuten gemein zu machen und ihnen aber auch die Straße zu überlassen."

 

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Ezra Rudolph vom Bündnis gegen Rechts zeigt sich erfreut, dass so viele Menschen trotz des schlechten Wetters gekommen sind, um klare Kante gegen Rechts zu zeigen. Sie formuliert die Ziele der heutigen Aktion und des Bündnis gegen Rechts folgendermaßen:

 

O-Ton 3, Ezra Rudolph, 25 Sekunden

 

"Für uns steht im Fokus heute erst mal die Tatsache, dass wir unterschiedlicher Meinung sein können was den Umgang mit dem krieg in der Ukraine angeht und trotzdem geschlossen zusammenstehen können, wenn es darum geht sich abzugrenzen von solchen rechten Unterwanderungsversuchen und deswegen legen wir bewusst darauf den Fokus und versuchen nicht so ein buntes Potpourri, jeder bekommt was er irgendwie möchte, anzubieten wie eben die Demonstration der Querdenker."

 

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Die Fronten vor Ort sind also wesentlich klarer als sie auf den ersten Blick scheinen. Auf der einen Seite haben wir die Spaziergänger*innen, die, aus welchen Beweggründen auch immer, versuchen den russischen Völkerrechtsbruch wegzureden oder sogar zu legitimieren. Zu diesem Zweck ist ihnen, wie bei den Protesten gegen die Coronamaßnahmen, auch der Schulterschluss mit Rechts nicht zuwider. Auf der anderen Seite, steht das Bündnis gegen Rechts, dass ganz klar sagt: „Wir mögen in vielen Dingen uneins sein doch eines wissen wir mit Sicherheit: Mit rechts gibt es keinen Frieden.“