Besetzung der Göttinger SPD-Parteizentrale durch „Defend Kurdistan“
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Marco Mellinger/ Roman Kupisch |
Datum: | |
Dauer: | 05:34 Minuten bisher gehört: 301 |
Manuskript
O-Ton 1, Sprechchor, 12 Sekunden
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Es klingt wie derzeit überall auf den Straßen im Iran. Wir befinden uns aber in der Parteizentrale der SPD in Göttingen. Die Kampagne „Defend Kurdistan“ hat die Räume in der Nikolaistraße 30 besetzt. Die Parole „Frau, Leben, Freiheit“, die wir gerade gehört haben, werde im kurdischen Unabhängigkeitskampf schon lange verwendet, wird uns gesagt. Und es ließe sich auch sagen, dass diese Parole der inoffizielle Wahlspruch des Selbstverwaltungsgebietes Rojava ist. Seit dem 19. November werden türkische Luftangriffe auf das Gebiet vermeldet. Sarah Kameli ist Teil der Kampagne. Sie gibt an, Verwandte in Rojava zu haben, um deren Schutz und Leben sie fürchtet:
O-Ton 2, Sara Kameli, 33 Sekunden
„Es werden täglich viele Kinder, Frauen ermordet und in der deutschen Presse wird nicht so wirklich darüber gesprochen. Manche Politikerinnen schneiden ihre Haare als Symbol dafür und Unterstützung, aber das reicht uns nicht. Wir brauchen richtige Unterstützung. Bei uns gibt es keine Medikamente, [die Menschen](Anm. d. Redaktion) werden immer jeden Tag mit deutschen Waffen erschossen und diese deutschen Waffen werden auch von Deutschland geliefert. Keiner ist dafür richtig in der Verantwortung. Wir sind hier für den gemeinsamen Schmerz für die kurdischen Länder.“
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Neben dem konkreten Schutz von Leben sind die Aktivisten aber noch von etwas anderem getrieben. Die kurdische Bestrebung nach Unabhängigkeit währt schon lange. Und auch in Deutschland sind die z.T. bürgerkriegsähnlichen Kämpfe zwischen Kurden und türkischen Einheiten bekannt. Vielen dürften noch die Anschlagsserien in Erinnerung sein, die in den 80er Jahren türkische Großstädte erschütterten, mutmaßlich auf Betreiben der PKK. Weit weniger dürfte wohl über türkische Militäroperationen im Osten des Landes bekannt sein. Für den Aktivisten Jan Keno scheint sich jetzt aber die Situation im Vier-Länder-Gebiet Türkei-Syrien-Irak-Iran grundsätzlich zu ändern. Es geht nicht nur um die Belange der Kurden, wie er darlegt:
O-Ton 3, Jan Keno, 42 Sekunden
„Von daher sind unsere Forderungen halt auch die iranischen Frauen zu unterstützen und halt nicht länger unsichtbar zu machen, dass die Frauenrevolution, die im Iran stattfindet zusammenhängt. Dass dieselbe Frauenrevolution stattfindet, die in Rojava durch die Türkei angegriffen wird, mit deutscher Duldung und gleichzeitig fordern wir aber auch ein Aufheben des PKK-Verbots, weil dieses Verbot halt immer wieder herangezogen wird, um jegliche kurdische Aktivitäten zu kriminalisieren und der Besuch von Nancy Faeser in der Türkei zeigt eben, wie groß da der Wille ist auch wegzuschauen.“
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Mit der Forderung das PKK-Verbot aufzuheben, tut die Göttinger SPD sich allerdings schwer. Wobei gesagt werden muss, dass die Göttinger SPD zur Zeit der Besetzung in erster Linie aus dem anwesenden Vorstandsmitglied Cornelius Schley besteht. Die Diskussion zwischen ihm und den Besetzern wird in Teilen emotional geführt. Es scheint am gegenseitigen Verständnis zu mangeln. Während die Kurdenvertreter angesichts der Luftangriffe auf schnelles Handeln drängen, versucht Schley immer wieder klar zu machen, dass er ohne eine Absprache mit dem ganzen Vorstand weder ein Statement abgeben noch irgendeine Zusage machen kann – wie er auch dem StadtRadio gegenüber noch einmal abschließend klar stellt.
O-Ton 4, Cornelius Schley, 45 Sekunden
„Gerade waren wir besetzt worden von, ich weiß gar nicht was die Organisation war, die uns einen Forderungskatalog übergeben mit der Bitte, sofort zu reagieren darauf. Das können wir nicht. Das kann ich nicht tun, weil ich nur ein Einzelner bin und wir ein kollektives Beschlussgremium haben im Stadtverbandsvorstand. Wir werden diese Forderungen am Montag diskutieren und dann den Besetzern unsere Antworten zukommen lassen. Was man natürlich sagen kann: Dass generell der Angriff der Türkei auf die kurdischen Organisationen zu verurteilen ist. Das reicht aber nicht aus, weil die Forderungen sind differenzierter und das müssen wir halt diskutieren.Punkt.“
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Ein Kompromiss also mit dem alle zufrieden sind? Davon kann angesichts der andauernden Kämpfe kaum die Rede sein. Aber naiv sind die Vertreter der Kampagne „Defend Kurdistan“ nicht. Sie sind sich bewusst, dass Druck von unten einige Zeit dauert, bis er oben ankommt. Was sie sich dennoch erhoffen, fasst Aktivist Frederik zusammen:
O-Ton 5, Frederik, 54 Sekunden
„Naja meine Hoffnung ist, dass sie sich hinter diese Forderungen stellen, die wir auch gesagt haben und dass sie die auch nach außen verkünden werden. Einerseits an die Presse, aber auch natürlich innerhalb der Partei Druck machen. Nur das kann irgendwann dazu führen, dass wir an den Punkt kommen, das es Handlungen gibt. Aus Deutschland, aus Europa, diesen Krieg dort halt zu beenden und wieder Frieden einkehren zu lassen, weil Freundinnen, die grade auch in Rojava sind, die meinen auch: Das einzige, wie wir grade diesen Krieg aufhalten können, ist durch internationalen Druck. Und wir hoffen, dass die SPD nach unserem Besuch in der Lage ist, diese Forderungen auch zu vertreten, auch oben in ihre Parteispitze zu tragen und es nach außen auch zu kommunizieren und dann aber auch in diplomatischen Gesprächen mit der Türkei, diese dann auch stark einzufordern.“
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An der Regierung sind derzeit aber drei Parteien beteiligt. Nach der SPD sind die GRÜNEN zweitstärkste Kraft in der Ampel-Koalition. Zudem stellen sie mit Annalena Baerbock die Außenministerin, die sich unter anderem mit dem Versprechen auf eine feministische Außenpolitik für das Amt empfohlen hat. Ein Forderungskatalog ist den Göttinger GRÜNEN bereits überreicht worden. Ein Besuch der Parteizentrale soll in den kommenden Tagen folgen.
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