Göttinger Podiumsdiskussion „ Rechte Gewalt und die Folgen“
Sendung: | Mittendrin Redaktion |
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AutorIn: | Tina Fibinger |
Datum: | |
Dauer: | 03:46 Minuten bisher gehört: 260 |
Manuskript
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Den Chip aus seiner Kamera konnte Merlin Müller noch verstecken, bevor zwei Neonazis die beiden Journalisten mit einem Schraubenschlüssel und einem Messer attackierten und ihren Wagen zertrümmerten. Er hat den brutalen Überfall und die nervenaufreibende Verfolgungsfahrt schon oft beschrieben, auch die Verdächtigungen, denen er danach von Seiten der Staatsanwaltschaft ausgesetzt war. Sie zog die Authentizität der Fotos in Zweifel, die er in Fretterode von den Angreifern gemacht hatte und begründete damit auch das langwierige Verfahrensprozedere. Er habe mit dem Vorfall schon abgeschlossen, erklärt der freie Fotojournalist und dass ihn entscheidende juristische Reaktionen jetzt eher überraschen würden. Anders sieht es mit den mentalen Folgen aus und mit weiteren Recherchen über die extreme Rechte.
O-Ton1, Merlin Müller, 19 Sekunden
„Ich habe nach dem Fretterode-Überfall erst mal sechs Monate Pause gemacht, habe noch mal geguckt, was ist mir wichtig und habe dann erst wieder langsam angefangen, auf Demonstrationen oder Kundgebungen der extremen Rechten zu dokumentieren. Es gibt jetzt ein Sicherheitsnetz das greift, wenn sowas nochmal vorkommen sollte. Psychisch ist es natürlich: Das Herz klopft in den Situationen jetzt noch mehr als vorher.“
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Dass Verfahren gegen Neonazis verschleppt werden und die Urteile fast immer milde ausfallen, berichten die Opferberatungsstellen in der Podiumsdiskussion. Den bitteren Beigeschmack, den solche Erfahrungen bei den Betroffenen hinterlassen, bestätigt sich auch für Müllers Anwalt und Nebenkläger Sven Adam.
O-Ton 2, Sven Adam, 10 Sekunden
„Andererseits ist es natürlich auch ein fatales Signal für die Täter, wenn ihnen quasi erst mal mitgeteilt wird: Naja, wenn ihr sowas macht, dann dauert es erst mal sehr, sehr lange, bis die Justiz irgendwie entsprechend und angemessen reagiert.“
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Für Adam kommt im Fall der beiden Journalisten erschwerend hinzu, dass die Staatsanwaltschaft in Meiningen die Täter nur unter Anklage wegen schwerer Körperverletzung gestellt hat und die Taten nicht als versuchten Totschlag wertet. Weder den Angriff mit dem Schraubenschlüssel, bei dem Müllers Kollege einen Stirnknochenbruch erlitt, noch die Messerattacke auf den Fotografen und die schweren Prellungen.
O-Ton 3, Sven Adam, 17 Sekunden
„Weil der Täter eines solchen Angriffs billigend in Kauf nimmt, dass der Mensch, dem man sowas antut, dann möglicherweise stirbt. Und wenn man dann einfach mit Messern im Anschluss danach noch die Reifen zersticht, das Auto insgesamt auch kaputt macht und damit halt auch nicht mehr ermöglicht, dass jemand ins Krankenhaus fahren konnte oder so: Das ist versuchter Totschlag und hätte angeklagt werden müssen.“
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Dass immer wieder Opfer haftbar gemacht werden für die Aggressivität der Täter, gehört ebenfalls zu den alarmierenden Folgen rechter Gewalt, die in der Podiumsdiskussion zur Sprache kommen. Dass davon nicht nur kritische Zeitgenossen, sondern auch verstärkt Journalisten betroffen sind, bestätigt auch der Göttinger Rechtsanwalt, der die Pressefreiheit gefährdet sieht wenn, wie er erklärt, Polizeibeamte ihren Job nicht mehr erfüllen, wie sie ihn erfüllen sollten, indem sie Journalistinnen und Journalisten schützen, die direkt und ganz nah an Neonazi-Aufmärschen recherchieren.
O-Ton 4, Sven Adam, 16 Sekunden
„Ganz häufig ist es in letzter Zeit so gewesen, dass diese Journalistinnen und Journalisten
selbst Adressaten von Polizeimaßnahmen geworden sind, also von Personalienfeststellungen, von Abdrängen, von Platzverweisen oder Ähnlichem, quasi offenbar als Störfaktor wahrgenommen werden und eben nicht aus Aufklärer hinsichtlich gewalttätiger Neonazis.“
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Er achte jetzt noch mehr auf seine Sicherheit erklärt Merlin Müller, wenn er bei Rechten Aufmärschen angerempelt und bespuckt werde und dass er inzwischen auch nicht mehr investigativ unterwegs sei.
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