Sendung: Mittendrin Redaktion
AutorIn: Tina Fibiger
Datum:
Dauer: 03:57 Minuten bisher gehört: 141
Auf der Wiese nahe dem Grenzlandmuseum wurde vorübergehend ein Maschendrahtzaun installiert. Als Filmkulisse symbolisiert er ein prägendes Element deutscher Geschichte, dem sich Schüler*innen des Duderstädter Eichsfeld-Gymnasiums in ihrem Kurs „Darstellendes Spiel“ widmen. Geplant ist ein „Videowalk“, den das Junge Theater Göttingen zusammen mit dem Grenzlandmuseum konzipiert hat. An zehn Stationen entsteht eine szenisch-dokumentarische Chronik der innerdeutschen Teilung mit dem Titel „Hinterm Horizont“, die ab Oktober für Museumsbesucher abrufbar ist. Von den Videowalk-Aufnahmen berichtet Tina Fibiger.

Manuskript

Text

Es sind stumme Szenen, die sich am Maschendrahtzaun auf freiem Feld abspielen. „Sperrzone“, „kein Durchgang“ und „Vorsicht“ signalisieren die englischsprachigen Plakate, die am Zaun haften und jetzt von den Schüler*innen entfernt werden. Dann bilden sich Gruppen auf beiden Seiten des Drahtgestells und proben eine Choreographie des Verstehens, welche Möglichkeiten der Annäherung es an der ehemaligen Grenze überhaupt gab. JT-Theaterpädagogin Johanne Bellersen hatte zuvor das Gelände erkundet und auch mögliche Fragen für die Teilnehmer*innen des Kurses „Darstellendes Spiel“, die für das gemeinsame Drehbuch von Bedeutung waren.

 

O-Ton 1, Johanne Bellersen, 33 Sekunden

Wir haben erst mal uns die Orte angeguckt, die die Schüler*innen dann ausgewählt haben und wir teilweise auch vorgegeben haben: Was ist da eigentlich passiert? Was ist hier historisch abgegangen? Was verbinden sie mit dem Ort? Wir sind da sehr dokumentarisch vorgegangen, haben erst mal die Materialien gesammelt, im Internet recherchiert. Das Museum hat uns Materialien zur Verfügung gestellt und dann ging es um eine Form der Inszenierung des Ortes. Was für Gefühle hat man auch, wenn man einfach dasteht und das auf sich wirken lässt als heutigem Ort. Heute ist es ein Wanderweg, früher war es der Todesstreifen: Auch auf diesen Kontrasten zu arbeiten.“

 

Text

Das Team des Grenzlandmuseums hatte sich bereits 2019 mit dem Jungen Theater über ein gemeinsames Projekt verständigt, bei dem historische Inhalte mit Jugendlichen unter Einsatz von Theatermitteln bearbeitet werden sollten. In der Phase des Lockdowns mussten nicht nur die Proben unterbrochen werden. Auch das Konzept des ursprünglich geplanten Szenarios mit Spielszenen an den verschiedenen Schauplätzen hat die JT-Theaterpädagogin daraufhin umgestellt.

 

O-Ton 2, Johanne Bellersen, 31 Sekunden

Da hat sich das Stationentheater erst als analoge Idee natürlich angeboten. Coronabedingt sind wir dann auf ein digitales Videoformat umgestiegen und haben dadurch aber auch gemerkt, dass durch das Medium Kamera, wie wird eine Kamera geführt, wie wird geschnitten, sich künstlerisch natürlich ganz neue Perspektiven ergeben als im Präsenzformat. Und so sind wir eigentlich sehr frei in der künstlerischen Gestaltung dieser Videos.“

 

Text

Das Videoprojekt richtet sich zunächst an die Ausstellungsbesucher im Grenzlandmuseum, ist aber auch für Besucher gedacht, die den Grenzlandweg auch mit weiteren szenischen und dokumentarischen Motiven erkunden möchten. Wie Museumspädagoge Patrick Hoffmann erklärt, stand die Idee, den Grenzübergang ein bisschen mehr zu bespielen, dabei im Vordergrund.

 

O-Ton 3, Patrick Hoffmann, 23 Sekunden

Den für die Besucher des Grenzlandmuseums zum Leben zu erwecken und zu zeigen: OK, wir sind hier nicht nur 200 Meter von der Grenze entfernt, sondern hier auf dem Gelände des Grenzlandmuseums gibt es auch einen innerdeutschen Grenzübergang und man sieht noch die Zollabfertigung. In der Dauerausstellung ist die Passkontrollschleuse. Und das sind alles Orte gewesen, die die Schüler auch mit ihren Szenen belebt haben.“

 

Text

Zu den Stationen während des Videowalks zählen neben dem Beobachtungsturm, der Passkontrollschleuse und dem Grenzlandweg auch die B 247, die als „Weg der Gegensätze“ kommentiert wird. Texte und Anregungen der Schüler*innen fließen auch in die Aufnahmen am Grenzzaun, auf der so genannten „Hahlebrücke“ und am Museumseingang ein, wo dann zum Beispiel auch das Thema „Meinungsvielfalt“ szenisch erfahrbar wird. Dort können sich die Museumsbesucher*innen ab Oktober die Szenen mit einem QR-Code scannen und für die einzelnen Stationen abrufen. Für den geplanten Videowalk „Hinterm Horizont“ stellt das Grenzlandmuseum auch leihweise iPads zur Verfügung.